Protokoll zum Workshop der Gemeindeverwaltung Borchen zusammen mit Herrn Michael Ahn vom Planungsbüro WoltersPartner. Eingeladen waren alle, die auch am am Bau- und Umwelt-Ausschuss teilnehmen dürfen.
Ziel war, alle, insbesondere die neuen Ausschussmitglieder auf einen Wissensstand zu holen und den stand der Rechtssprechung durch Herrn Ahn beleuchten zu lassen.
Bürgermeister Gockel leitete den Workshop ein und betonte, dass es sich um eine neutrale Information handeln solle. Er erinnerte daran, dass am 18.2.2020 der Aufstellungsbeschluss für einen neuen Teilflächennutzungsplan zur Windenergie gefasst worden war.
Gutachter Ahn erläuterte, dass eine neue Planung notwendig sei, weil die Ausschlusskriterien für Windenergieanlegen von Gerichten als unwirksam erklärt wurden. Man müsse sich fragen, was man tun müsse, um der Richterin zu gefallen.
Schutzgebiete wie Naturschutzgebiete, FFH-Gebiete, Landschaftsschutzgebiete spielen keine Rolle mehr vor Gericht – Artenschutz ist nichts mehr, was zählt.
Alle Schutzgebiete sind als harte oder weiche Tabu-Zonen irrelevant geworden. Nur noch als Einzelfall und unter ganz bestimmten Kriterien könnte zum Beispiel Wald herausfallen: nur, wenn dort zum Beispiel eine windkraftsensible Art lebt.
Herr Ahn beschrieb die Lage in Dörenhagen: wenn der 1.000m Abstand zu Siedlungsbereichen käme, dann dürften die Windräder, die aktuell näher stünden, nicht mehr repowert werden.
Die 1.000m zählen nur für Siedlungen mit mind. 10 Gebäuden – für Borchen also irrelevant.
Nach Berücksichtigung der neuen Gerichtsurteile wird es viel mehr Fläche für Windkraft geben (siehe Karte alles, was weiß ist und sogar noch mehr, Karte ist nicht mehr aktuell). Auch Luftfahrtbeschränkungen gelten nicht mehr, außer der Platzrunde, so dass dadurch aktuell 24% der Fläche für Windkraft zur Verfügung stehen würden. Herr Ahn betonte, dass keineswegs bei 10% Schluss sei – eine Obergrenze für substanziellen Raum gäbe es nicht.
Er erläuterte am Beispiel Hillige Seele in Dörenhagen: Auch hier sei der Denkmalschutz eine Einzelfallprüfung…vioelleicht könnte man den Bereich um die Kapelle als besonders schützenswert darstellen…aber nur mit intensiver Begründung über optische Bedrängung vielleicht… wenn man das schaffen würde, würde allerdings nur ein Bereich der dreifachen Anlagenhöhe anerkannt – aber hier wird nicht von der inzwischen üblichen Anlagenhöhe von 250m ausgegangen, sondern von kleineren Anlagen – also würden vielleicht 400m um die Kapelle freibleiben…
Pauschale Ausschlüsse von Flächen gibt es im natürlichen Bereich gar nicht mehr, so dass jeder Versuch, Naturbereiche auszuschließen sehr teuer wird, weil jeweils einzelne Begründungen erarbeitet werden müssen.
Nebenbei bemerkte Herr Ahn, dass Borchen sehr wenige Naturschutzbereiche hätte, obwohl es schöne Landschaft gäbe.
Achso, er ließ nebenbei fallen, dass Umfassung keinerlei Bedeutung mehr habe. Große Flächen bleiben also übrig.
Dann fragte er: „Was erreicht man mit der Planung?“ Es gäbe keine Garantie, dass die Planung vor Gericht hielte. Es ist mit Überbauung von mindestens 10%, wahrscheinlich mit mehr zu rechnen.
Was steuert man noch? fragte er. Er behauptete, dass immer mehr Kommunen vom Planungsinstrument zurückträten und „moderative“ Prozesse mit Investoren bevorzugten. Die Windkraftanlagen kämen eh, weil sie sich reinklagen würden. Statt dessen wäre der „friedliche“ Weg möglich mit einem finanziellen Ausgleich.
Er drängt e dazu, eine Entscheidung zu treffen, denn steuern könnte man nichts mehr. Er empfahl direkt, die Planung zu stoppen und mit den Investoren zu reden (Anmerkung der Redaktion: ziemlich schockierend, das von Herrn Ahn zu hören).
Es folgten ein paar Fragen aus der Runde… auf das Thema Bebauungspläne angesprochen und ob man damit Windräder in bestimmten Bereichen verhindern könne, meinte Ahn, dass man damit keineswegs Windräder verhindern könne und das vom Gericht auch sofort als Verhinderungstaktik bestraft würde. Er führte für so ein Scheitern Höxter an. (Anmerkung der Redaktion: Bebauungspläne in Soest haben sehrwohl Windräder verhindert und sogar gerichtsfest für eine Höhenbegrenzung von 100m geführt, in Höxter wurde auf eine professionelle Begleitung verzichtet und daher scheiterte diese Strategie wohl)
Herr Ahn führte aus, dass eine Aufrechterhaltung der Planung nur funktionieren würde, wenn ein positiver Planungswille vorläge. Sonst wären auch die Rückstellungen hinfällig.
Zu den Abständen von Wohnhäusern im Außenbereich erläuterte er noch, dass die 500m Abstand nicht fix seien und die Anlagen dort auch noch näher rücken könnten und die Gemeinde keinen Einfluss darauf hätte. Zudem seien auch die 1.000m zu Siedlungen noch nicht Gesetz. Wenn die 1.000m kämen, könne eine Gemeinde auch nicht darunter gehen und Anlagen in 800m Abstand bauen lassen.
Anschließend erläuterte Bürgermeister Gockel seinen Standpunkt: Er fragte, wie die Gemeinde vorgehen solle, ob man planen sollte oder nicht, eine Sicherheit der Steuerung gäbe es nicht.
Er würde in den Gesprächen mit den Investoren versuchen, Wald und Hillige Seele freizuhalten…und eine win-win-Situation in der Abstimmung mit den Betreibern herbeizuführen.
Er zog das Resume, dass mit dem bisherigen Vorgehen keine Anlage verhindert werden konnte. Aufgrund der Rechtslage jetzt müsse ein neuer Kurs her. Sein Vorschlag: Gespräche mit den Betreibern. Die Gemeinde soll finaziell partizipieren, wenn die Anlagen schon nicht verhindert werden könnten. Die (Anmerkung der Redaktion: völlig unwirksame) „Greifvogel-Abschaltung“ solle Anwendung finden.
Er erklärte, dass eine Beteiligung der Gemeinde mit 0,2 Cent pro Kilowattstunde für alle neuen Anlagen drin seien. Das würde sich läppern…und wäre über eine Vereinbarung mit den Betreibern zu realisieren (Anmerkung der Redaktion: das wäre nicht bindend für die Betreiber, sondern völlig freiwillig).
Außerdem könne über die sogenannte Gewerbesteuer-Zerlegung profitiert werden, die besagt, dass 70% Gewerbesteuer an die Standortkommune und 30% an die Kommune des Betreiber-Standortes gehen – eine spezielle Regelung für Windkraft und Solaranlagen. Auch hier soll über eine Vereinbarung mit den Betreibern sichergestellt werden, dass die 70% in Borchen bleiben. Außerdem würde Herr Gockel eine Stiftung gründen wollen – natürlich ohne Abhängigkeiten, denn das ganze solle nicht käuflich wirken, es wären alles freiwillige Zahlungen der Investoren.
Im Flächennutzungsplan sähe er keinen Sinn.
Herr Ahn stellte einen Bürgerwindpark als „Bürgerbefriedung“ dar. Der Widerstand ginge auf Null zurück, weil es ja nun eine Rendite gäbe. Gemeinden, die viel ertragen, sollen belohnt werden…
Laut Herrn Gockel soll es eine digitale Bürgerinfo zu dem Thema geben mit Herrn Ahn sowie einen Workshop zur Gründung einer Stiftung.
Herr Gockel ergänzte, dass am 11.3.2021 auch über die laufenden Berufungsverfahren der Gemeinde entschieden werden solle. Davon sind noch 3 anhängig. Herr Daniel erläuterte, dass die alle aussichtslos und teuer seien.
(Anmerkung der Redaktion: Da kam ein ganz prekärer und äußerst wichtiger Punkt zutage): Bezüglich des Berufungsverfahrens zu den Anlagen Etteln-Ost erläuterte Herr Ahn, dass auch der Kreis Paderborn hier eine Berufung beantragt hätte – mit dem Vorwurf, dass hier „Missbrauch der Privilegierung“ betrieben werde (Anmerkung der Redaktion: es handelt sich hier um den Investor Westfalenwind). Dies ist naheliegend, da die Anlagen mit Auflagen beantragt wurden, mit denen die Anlagen aufgrund Artenschutz nur 6 Monate laufen sollen.
Die Gemeinde hat hier die Berufung aber nicht aufgrund des Missbrauchs der Privilegierung, sondern wegen des eigenen FNPs beantragt – dieses Verfahren ist tatsächlich aussichtslos. (Anmerkung der Redaktion: ABER: Wenn Borchen sein Berufungsverfahren zurückzöge, würde man dem Kreis beim Missbrauchs-Verfahren in den Rücken fallen.)
Herr Ahn wörtlich zu diesem Sachverhalt: „Mit allen Investoren wird man keinen Frieden finden. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Kreis seine Berufung wegen Missbrauch der Privilegierung zurückzieht, ist gering. Es handelt sich um ein sehr wichtiges Grundsatzurteil dazu, wo die Grenzen der Privilegierung seien. Auf einen Investor (Anmerkung der Redaktion: Westfalenwind), der so vorgeht, sollte man nicht freundlich zugehen. Dann führt man eben mit diesem Investor keine Gespräche. Wenn der Kreis Paderborn sagt, das Berufungsverfahren wird fortgesetzt und Borchen zieht seine Berufung zurück, dann würde Borchen das Argument des Missbrauchs nicht teilen – und das kann nicht sein!“