Haushaltsrede der SPD zur Verabschiedung des Borchener Haushalts 2024
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Gockel,
sehr geehrter Herr Kämmerer Klare,
sehr geehrte Damen und Herren,
die Aufstellung des Haushalts für 2024 ist von ganz besonderen Herausforderungen geprägt. Während die Haushalte für 2021 und 2022 erfreulicher Weise besser bis deutlich besser abgeschlossen werden konnten, für 2023 liegen noch keine abschließenden Zahlen vor, haben wir es jetzt für 2024 mit einem Haushaltsplan-Entwurf zu tun, der das anzustrebende Ziel eines ausgeglichenen Haushalt mit einem Minus von ca. 5,2 Mill. € weit verfehlt. Uns holen jetzt die Folgen der Covid-Pandemie, des Krieges gegen die Ukraine und die verschärfte Flüchtlingssituation, sowie das sich erschreckend schnell verändernde Klima, der Anstieg der Personalkosten und die horrenden Preissteigerungen ein.
Herr Bürgermeister Gockel, Herr Kämmerer Klare, sie haben unter den genannten schwierigen Bedingungen, zusammen mit dem Team der Verwaltung, den Haushaltsplanentwurf 2024 erstellt. Dafür möchte ich mich persönlich und auch im Namen der SPD-Fraktion bei ihnen allen Beteiligten herzlich bedanken.
Ebenso bedanke ich mich für ihre Teilnahme an unsere Klausur, wo sie unsere Anregungen, Fragen und Hinweise zum Haushaltsplanentwurf mit uns diskutiert haben.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sie haben in ihrer Rede zur Einbringung des Haushaltsplans die geplante Errichtung der Stalag-Gedenkstätte kritisiert und stattdessen auf die örtlichen Erinnerungs- und Gedenkstätten verwiesen. Wir sind genauso wie sie über die Höhe der diskutierten Kosten für Errichtung und Unterhaltung einer neuen Gedenkstätte erschrocken, da sie letztlich auch uns über die Kreisumlage belasten werden, solange die Forderung nach Kostenbeteiligungen der Kommunen und Kreise im Raum steht. Hier sind zwingend Korrekturen nötig.
Allerdings darf aus unserer Sicht die Notwendigkeit einer Gedenkstätte so nicht in Frage gestellt werden.
In unserer Gesellschaft darf rechtsradikales und unmenschliches Gedankengut, wie es im November letzten Jahres in Brandenburg formuliert wurde, keinen Platz finden, geschweige denn zum Normalfall werden!
Genau deswegen brauchen wir die Erinnerungs- und Gedenkkultur – auch für die Menschen, die im Stalag unmenschliches erfahren haben und zu zehntausenden dafür ihr Leben lassen mussten.
Während zur Gedenkstätte noch Auswirkungen auf unsere zukünftigen Haushalte nicht auszuschließen sind, können wir das zu ihrem Einwurf bezüglich der Cannabis-Legalisierung nicht nachvollziehen. Auch wir wollen eine funktionierende Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, können aber nicht erkennen, dass dieses im Widerspruch zur Cannabis-Legalisierung steht, geschweige denn Auswirkungen auf unseren Haushalt haben wird.
Kommen wir jetzt zum Haushaltsplanentwurf 2024. Niemand aus der SPD-Fraktion kann sich trotz langjährigem Engagement im Borchener Rat daran erinnern, einen Haushaltsplanentwurf mit einem Minus von ca. 5,2 Mio. Euro beraten zu müssen. Ein Ausgleich des Haushalts wird nur durch eine außerordentlich hohe Entnahme von über 3,5 Mio. Euro aus der Allgemeine Rücklage gelingen, was einer gravierenden Verringerung der Rücklage von über 9,0% entspricht.
Die Zahlen für 2025 versprechen eine Verbesserung, weisen aber trotzdem noch eine weitere Abnahme der Allgemeinen Rücklage von über 3,5% aus.
Dass die magische Grenze von -5% in 2025 nicht erneut gerissen wird, liegt bei genauer Betrachtung der Zahlen an erhofften außerordentlich guten Erträgen für Grundstücksverkäufe in 2025. Hoffentlich können die Erträge trotz einer lahmenden Bauwirtschaft auch wirklich erzielt werden.
Hier würde möglicher Weise unser Antrag, dem sozialen Wohnungsbau in zukünftigen Neubaugebieten einen festgelegten Anteil der Bauplätze zur Verfügung zu stellen, den Grundstücksverkauf unterstützen. Leider ist unser Antrag in den Ausschüssen mehrheitlich abgelehnt worden. Wir werden als SPD-Fraktion in Zukunft aber sehr darauf achten, dass in entsprechenden großen neuen Baugebieten der soziale Wohnungsbau Berücksichtigung erfährt. Lassen sich die erhofften Mehreinnahmen durch die Grundstücksverkäufe allerdings nicht erzielen, müsste sich Borchen nach bisher geltendem Recht in die Haushaltssicherung begeben. Mit einem Schlag ständen dann die freiwilligen Leistungen der Gemeinde zur Disposition. Etwas, das wohl niemand hier in Borchen erleben möchte.
Aber, selbst wenn sofort alle ausgabewirksamen, freiwilligen Leistungen gegen Null gefahren würden, das entspricht nach ersten Modellrechnungen einer Ausgabenkürzung von rund 1 Mio. Euro, könnte dadurch noch lange kein ausgeglichener Haushalt erreicht werden. Deshalb stellt die SPD diese Leistungen für die Gemeinschaft auch nicht in Frage.
Was sind die Gründe für die bedrohliche Schieflage der Borchener Finanzen?
Hier sind die sehr stark angestiegenen Ausgaben zu nennen. Besonders die Transferaufwendungen, wie die Kreisumlage mit einem Anstieg von rund 2,3 Mio. Euro auf fast 13 Mio. Euro und der ÖPNV-Umlage mit 537.800 Euro, der Anstieg der Personalkosten um mehr als 1,2 Mio. Euro und rund 1 Mio. Euro durch den Wegfall der Isolierungsmöglichkeiten der Folgen von Corona und Ukrainekrieg sind zu nennen. Zudem macht sich die inflationäre Kostensteigerung an vielen Stellen drastisch bemerkbar. Für 2024 häuft sich ein Ausgabenvolumen von mehr als 41,5 Mio. Euro an. Das ist gegenüber 2023 eine Ausgabensteigerung von 3,95 Mio. Euro oder über 10,5% mehr.
Auf der Einnahmenseite können aber nur Erträge von rund 36 Mio. Euro gegengerechnet werden. Im Vergleich zu 2023 sind das zwar fast 944.000 Euro mehr, was aber nur einem prozentualen Zuwachs von nur 2,7% bedeutet.
War in 2023 für den Anteil an der Einkommens- und Umsatzsteuer ein Plus von fast 1 Mio. Euro angenommen worden, stehen dem nun in 2024 ein prognostiziertes Minus von über 480.000 Euro entgegen.
Einnahmeverbesserungen können nur durch die Hoffnung auf höhere Gewerbesteuererträge von +544.000 Euro auf mehr als 7,1 Mio. Euro, einem leichten Anstieg der Schlüsselzuweisungen auf dann 2,38 Mio. Euro und Verbesserungen beim Grundsteueraufkommen von +264.000 Euro auf dann 2,18 Mio. Euro erreicht werden.
Die Steigerung der Grundsteuereinnahmen setzt allerdings die Anpassung der Hebesätze auf die fiktiven Hebesätze des Landes voraus. Den von der Verwaltung vorgeschlagenen Erhöhungen der Hebesätze für die Grundsteuer A auf 259 v.H. und der Grundsteuer B auf 501 v.H. stimmt die SPD-Fraktion zu.
Unangetastet bleibt der Hebesatz für die Gewerbesteuer. Allerdings liegt hier Potential zur Verbesserung unserer Einnahmesituation, wenn es gelingt weiteres Gewerbe in Borchen anzusiedeln. Deshalb erwirbt die Gemeinde viele Flächen an um das Gewerbegebiet attraktiv für kleine, aber auch für große Unternehmen zu machen. Unternehmen sind wichtig für Arbeits- und Ausbildungsplätze und für den Einnahmebereich „Gewerbesteuer“. Es bleibt aber auch die Frage, warum das Gewerbe nicht mit einem Anstieg des Gewerbesteuer-Hebesatzes als solidarische Beteiligung zur Verbesserung der gemeindlichen Einnahmen herangezogen wird.
Ein weiterer wesentlicher Baustein bei den Einnahmen sind zusätzliche Mittel im Rahmen der Beteiligung von Kommunen in Höhe von 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde Windenergie im Umfang von 840.000 Euro. Die Einnahmenhöhe ist aus unserer Sicht eher optimistisch gerechnet. Man darf gespannt sein, ob der Wert am Ende auch tatsächlich erreicht wird.
Dieses Geld soll die Akzeptanz der Windkraft in der Bevölkerung verbessern.
Durch die neuen Vorgaben wurde den Gemeinden ja die Ausbau-Steuerung der Windkraft faktisch entzogen. Welche absurde Situation dadurch erzeugt wird, lässt sich am aktuellen Beispiel in Bad Wünnenberg zeigen. Die gesamte dortige Bürgerschaft hat sich auf weitere Windvorranggebiete verständigt. Aber der Kreis als auch die Bezirksregierung wischen die Planungen weg und erste Anlagen außerhalb der in Bad Wünnenberg gewünschten Zonen sind bereits genehmigt. Ein wirklich sehr „akzeptanzfördernde“ Entscheidung pro Wildwuchs!
Nun wollen das Land und die Bezirksregierung die Flächenkulissen für Windkraft rechtsicher festlegen. Das dieses für Borchen nicht nur Gutes bedeuten muss, haben die ersten Überlegungen in Detmold gezeigt.
Einen eher kleineren Beitrag zur Einnahmeverbesserung ist die von uns vorgeschlagenen Erhöhung der Hundesteuer. Der Rat ist dem Vorschlag zur Anpassung gefolgt. Hiermit können teilweise die gestiegenen Kosten für Personal und Instandhaltung bzw. Unterhaltung der Beutelspender gegenfinanziert werden.
Meine Damen und Herren, bereits in der letzten Haushaltsrede habe ich die Herausforderungen durch den notwendigen Klimaschutz thematisiert. Inzwischen ist das Klimaschutzkonzept verabschiedet und darin festgeschriebene Maßnahmen sind in den Haushaltsansatz 2024 eingeflossen. So soll in 2024 ein Förderprogramm in Höhe von insgesamt 180.000 Euro für Maßnahmen wie Errichtung von PV-Anlagen, energetische Gebäudesanierung und Installation von Zisternen zum Schutz der wertvollen Trinkwasserressourcen an den Start gehen.
Gerade die Förderung von Zisternen liegt uns besonders am Herzen, da die anderen Maßnahmen häufig auch durch Förderprogramme von Land und Bund flankiert werden.
Erfreulich im Zusammenhang mit dem Klimaschutz ist die Zusage der Förderung für 13 PV-Anlagen auf gemeindlichen Gebäuden, die nun zeitnah aufgebaut werden können und die gemeindlichen Kassen nur mit etwa 40.000 Euro belasten werden. Im Investivplan waren dafür in 2024 noch 250.000 Euro vorgesehen.
Weitere Investitionen fließen in die Infrastruktur der Gemeinde. Die mit Abstand größte Ausgabe mit 3,48 Mio. Euro fließt in die Abwasserbeseitigung.
Eine weitere millionenschwere Ausgabe von 2,83 Mio. Euro soll für unbebaute Grundstücke und Liegenschaften genutzt werden, gefolgt von 1,85 Mio. Euro für unsere Gemeindestraßen und 1 Mio. Euro für die Feuerwehren und Rettungsdienste. Alles wohl erforderliche und sinnvolle Investitionen zum Ausbau, Erneuerung und Pflege unserer Infrastruktur.
Wir unterstützen als SPD-Fraktion ausdrücklich die Maßnahmen, die zur Förderung der Kinder und Jugendlichen im Bereich Bildung und Betreuung eingeplant sind. Davon zeugen u.a. fast 2 Mio. in 2024 geplante Investitionen alleine für unsere Kindergärten.
Kritisch anmerken müssen wir aber die enorme Kostensteigerung für die Erweiterung der Kindertagesstätte und der Betreuung in Dörenhagen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung für einen Bau sind initial Kosten von 3.8 Mio. Euro angesetzt worden, die zwischenzeitlich bereits um 300.000 Euro auf 4,1, mio. Euro hochgesetzt worden sind. Nun werden 6,6 Mio. Euro Investitionskosten in Summe veranschlagt. Schwer zu glauben, dass die enorme Kostensteigerung von 2,8 Mio. Euro ausschließlich auf den gestiegenen Baukostenindex zurückzuführen ist.
Wichtig für uns ist die offene Jugendsozialarbeit, die nicht an Vereine oder Institutionen gebunden ist. Diese wird aber im Grunde nur in Kirch- und Nordborchen angeboten. Wir wollen deshalb prüfen lassen, ob es in den kleineren Ortsteilen Bedarfe für die offene Sozialarbeit gibt. Unser Antrag hierzu findet dankenswerte Weise breite Unterstützung.
Auch die intensive Unterstützung des Ehrenamtes und des Vereinswesens ist eine sinnvolle Investition in die Zukunft unserer Gemeinde. Gerade dieses macht Borchen aus, gerade dieses macht Borchen so lebenswert. Wir stehen zu den beschlossenen Maßnahmen, die das Ehrenamt unterstützen.
Herr Bürgermeister, Herr Kämmerer Klare, meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat der angespannten Haushaltslage Rechnung getragen. Wir stellen keine Anträge, die weitere Kosten im Haushalt erzeugen würden.
Die SPD-Fraktion wird trotz des außerordentlich hohen Defizits dem Haushaltsplan zustimmen. Den Stellenplan der Gemeinde schließen wir in unseren Beschluss mit ein. Seien sie versichert, die Zustimmung fällt uns unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht leicht.
Uns beschäftigt das massive Defizit und die nicht minder schlechten Ergebnisse in den Folgejahren, die innerhalb von nur wenigen Jahren zum Verzehr unserer Allgemeinen Rücklage um mehr als 10 Mio. Euro führt. Hier erwarten wir konkrete Vorschläge zur Milderung bzw. Verbesserung der Situation.
Es wird nicht einfach sein, da wir von vielen von uns hier in Borchen nicht beeinflussbaren Faktoren abhängen – doch mit gut überlegten Beschlüssen werden wir alles mit unterstützen, um Borchen weiterhin auf einen guten, zukunftsweisenden Weg zu halten.
Ich danke ihnen für ihre geschätzte Aufmerksamkeit.
Für die SPD-Fraktion,
Herbert Berger Fraktionsvorsitzender