Haushaltsrede der SPD zur Verabschiedung des Borchener Haushalts 2023

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Gockel,

sehr geehrter Herr Kämmerer Klare,

sehr geehrte Damen und Herren,

die Aufstellung der Haushalte für die Jahre 2021 und 2022 war stark von der Covid-Pandemie beherrscht. Niemand hat damals angenommen, dass die Herausforderungen für die Aufstellung des Haushaltes 2023 sich nochmals verschärfen. Neben Covid19 sind jetzt der Krieg gegen die Ukraine und die damit verschärfte Flüchtlingssituation, das sich erschreckend schnell verändernde Klima und die horrenden Preissteigerungen, insbesondere für Energie, wesentliche Einflussfaktoren.

Herr Bürgermeister Gockel, Herr Kämmerer Klare, sie haben trotz der schwierigen Bedingungen zusammen mit dem Team der Verwaltung einen tragbaren Haushaltsplanentwurf 2023 erstellt. Ich darf mich persönlich und auch im Namen der SPD-Fraktion bei ihnen allen herzlich für die Aufstellung des Haushaltplanentwurfs 2023 bedanken.

Herr Bürgermeister Gockel, Herr Kämmerer Klare, sie haben für unsere Anregungen, Fragen und Hinweise zum Haushaltsplanentwurf an der Klausur der SPD-Fraktion teilgenommen. Anschließend haben sie sich für die sachliche und konstruktive Zusammenarbeit bei uns bedankt.

Wir zeigen damit, dass wir uns der Verantwortung als gewählte Vertreter der Borchenerinnen und Borchener bewusst sind, auch dann, wenn für uns unbequeme Themen zur Disposition standen und stehen. Sich der demokratischen Auseinandersetzung zu verweigern, war und ist nicht unser Verständnis eines Ratsmandats. Demokratie muss auch Unbequemes aushalten.

Allerdings müssen wir erwähnen, dass die Arbeit in den Ausschüssen und im Rat optimaler sein könnte. Insbesondere die teilweise verspätete Bereitstellung von Protokollen behindert die Effektivität der ehrenamtlichen Ratsarbeit. Zeitnahe Protokolle sind auch wichtig zur Information der nicht in den Ausschüssen vertretenen Ratsmitglieder und für die interessierten Bürgerinnen und Bürger.

Unser Verständnis von Ratsarbeit scheint allerdings unterschiedlich durch die hier im Rat vertretenen Parteien interpretiert zu werden. Anders kann die Verweigerung zur Beratung und Diskussion unseres Antrags zur Aufstellung von Bebauungsplänen im Innenbereich der Ortsteile in Borchen nicht gedeutet werden. Lapidare Begründung für die Ablehnung unseres Antrags: „Der Antrag kommt zu früh!“
Der gestaltenden Mitwirkung an zukünftiger, innerörtlicher Bebauung wurde durch die CDU und den Grünen eine Absage erteilt. Nun soll mittels einer Stellplatzsatzung indirekt Einfluss auf die Bauabsichten der Bauherren genommen werden. Man darf gespannt sein, ob die Satzung die beabsichtigte Wirkung erzielen wird.

Bevor ich jetzt zum Haushaltsplanentwurf 2023 komme, schauen wir zunächst kurz zurück. Erfreulich ist, dass der Jahresabschluss für das Jahr 2021, trotz der seinerzeit schon schwierigen pandemischen Lage, deutlich besser als erwartet ausgefallen ist. Und die bisherigen Zwischenberichte für das Haushaltsjahr 2022 lassen die Hoffnung auf ein besseres Ergebnis als im Planansatz prognostiziert zu. Es wäre aber ein falscher und auch fataler Schluss, daraus jetzt eine komfortable Lage für den Haushaltsplanentwurf 2023 abzuleiten.

Zum einen hat sich für 2021 die Einnahmesituation bei der Einkommens- und Gewerbesteuer überraschend deutlich besser dargestellt als angenommen. Das wird vermutlich auch für 2022 so sein.
Zum anderen sind viele für 2022 geplante Projekte nicht in Angriff oder nicht realisiert worden. Somit sind die dafür vorgesehen Mittel nicht abgeflossen und belasten folglich den Gemeindehaushalt nicht.

Wagen wir nun trotzdem einen Blick auf die Gesamtzahlen für das Haushaltsjahr 2023. Der gemeindliche Haushalt weist auf der Ertragsseite über 36,06 Mio. Euro aus.

Dem stehen Ausgaben von über 37,47 Mio. Euro gegenüber, wodurch ein strukturelles Defizit von mehr als 1,4 Mio. Euro ausgewiesen werden muss. Der Haushaltsausgleich wird deshalb erneut nur durch eine Entnahme aus der allgemeinen Rücklage erreicht.

Das auszuweisende Defizit läge sogar bei über 2,4 Mio. Euro, wenn nicht die durch den Ukrainekrieg abgrenzbaren Ausgaben und Mindereinahmen aus dem Haushaltsansatz herausgerechnet und isoliert werden dürften. Mit dem kompletten Fehlbetrag würde die Gemeinde erstmalig die 5% Defizithürde überschreiten! Eine schwere Hypothek, die wir den nächsten Generationen aufbürden!

Zudem steht zu befürchten, dass die Situation sich trotz der deutlich zu erwartenden Verbesserungen bei den Einnahmen für das Haushaltsjahr 2023 in den Folgejahren eher noch verschärfen wird! Immerhin werden für 2023 Mehreinnahmen von über 1,3 Mio. Euro gegenüber dem Haushaltsjahr 2022 erwartet. Mit einem Plus von 958.000 Euro auf 7,59 Mio. Euro beim Gemeindeanteil bei der Einkommensteuer und dem Plus von 398.000 Euro auf 6,65 Mio. Euro bei der Gewerbesteuer stellen diese beiden Einnahmequellen den Beitrag zur Einnahmeverbesserung dar.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich bitte hier eine Aussage zu den Hebesätzen bei den gemeindlichen Steuern einschieben. Ihre Höhe soll sich in der Regel an den fiktiven Hebesätzen des Landes NRW orientieren bzw. anpassen. Wir haben beschlossen die Hebesätze in diesem Jahr nicht anzuheben, da die privaten Haushalte aktuell schon großen finanziellen Belastungen ausgesetzt sind.

Ich darf aber darauf hinweisen, dass wir durch die nicht ausgeführte Anpassung bei der Grundsteuer B – wir sind in 2023 50 %-Punkte unter dem fiktiven Hebesatz des Landes NRW – auf die Einnahme von ca. 216.000 € für den gemeindlichen Haushalt verzichten. Weiterhin bedeutet dieses auch den Verzicht auf einen Teil der Schlüsselzuweisungen des Landes NRW. Wie lange wir uns diesen Weg leisten können, wird der Haushalt für das nächste Jahr zeigen.

Aber warum ist die Haushaltslage in 2023 trotz der verbesserten Einnahmesituation so angespannt? Schauen wir dazu auf die wesentlichen Ausgaben im Haushaltsplanentwurf 2023. Diese steigen gegenüber 2022 um mehr als 4,5 Mio. Euro auf insgesamt über 37,3 Mio. Euro an.

Davon entfallen rund 1,03 Mio. auf erheblich gestiegen Kosten für Strom, Gas und Heizöl, die aber herausgerechnet und isoliert werden dürfen.

Einen großen Einfluss hat auch die Kreisumlage, die um rund 670.000 Euro auf nun fast 10,6 Mio. Euro ansteigt, obwohl der Kreis dieses Mal durch den Rückgriff auf seine Rücklagen einen noch deutlicheren Anstieg der Kreisumlage vermieden hat. Ähnliche Effekte dürfen für die Folgejahre aber nicht unterstellt werden. Eine weiter steigende Landschaftsverbandsumlage und Mehrkosten für mehr Personal und für die anstehende Tarifrunde im öffentlichen Dienst stellen eher ein größeres Risiko für ein weiteres Ansteigen der Kreisumlage dar, die schon jetzt fast 80% der gemeindlichen Transferaufwendungen ausmacht.

Vor eine völlig neue Situation stellt uns die erstmalige Beteiligung der Kommunen im Kreisgebiet an den Kosten des öffentlichen Personennahverkehrs. Durch die nicht abwendbare Umstellung auf die sogenannte Gemeinwirtschaftlichkeit belastet der Kreis die betroffenen Kommunen mit den nicht gedeckten ÖPNV-Kosten. Für unsere Gemeinde sind dadurch zusätzliche 351.000 Euro ÖPNV-Sonderumlage fällig. Ein deutlicher Anstieg dieser Umlage für die Folgejahre ist schon fast absehbar.

Für Borchen konnte mit der Umlage eine Verschlechterung des ÖPNV-Angebotes zunächst vermieden und für Dörenhagen sogar eine Verbesserung erreicht werden.

Welches Angebot wir uns in Zukunft, vor allem bei steigender ÖPNV-Umlage, noch leisten können, gilt es abzuwarten. Wir müssen dann vor Ort entscheiden wieviel Geld wir für welches Angebot im ÖPNV zu zahlen bereit bzw. in der Lage sein werden. Eventuell helfen die geplanten Zählsysteme in den Bussen bei den Entscheidungen über das zu planende ÖPNV-Angebot.

Deutliche Steigerungen bei den Personalkosten sind auch im gemeindlichen Planansatz mit 566.000 Euro enthalten. Aber die nachvollziehbaren Forderungen der Arbeitnehmerseite in der aktuell anstehenden Tarifrunde nach Gehaltssteigerungen mit Ausgleich der Inflation lassen befürchten, dass diese im Haushaltsplanentwurf angenommene Steigerung nicht ausreichen wird.

Mit diesen 3 Ausgabepositionen von mehr als 1,58 Mio. Euro sind die eingeplanten Mehreinnahmen von 1,3 Mio. Euro mehr als verzehrt. Schon hier ist ein Minus von 282.000 Euro zu verzeichnen.
Trotzdem müssen wir uns den Herausforderungen stellen und versuchen, hier Lösungen zu finden, die zukünftig zu Ersparnissen und Erträgen für die Gemeinde beitragen werden.

Eine der dringendsten, wenn nicht sogar die dringendste Herausforderung ist aktuell und in Zukunft der Klimaschutz.

Dieser schlägt sich an vielen Stellen im Haushaltsplanentwurf nieder. So werden nicht unerhebliche Teile der Investitionen zum Austausch von energiesparender Lichttechnik in gemeindlichen Gebäuden genutzt. Zudem wird die Klimatechnik am Mallinckrodthof und im Rathaus modernisiert. Jeweiliges Ziel ist auch hier die absolut notwendige Reduzierung der Energieverbräuche.

Eine erste energetische Sanierung durch neue Fenster für ein gemeindliches Wohnhaus ist ebenfalls enthalten.

Gespannt dürfen wir auf die Ergebnisse und den daraus abzuleitenden Maßnahmen aus der Arbeit der Klimaschutzmanagerin und des Klimarates sein. Zweifelsfrei dürfen ähnlich lautende Maßnahmen wie die hier aufgeführten Bestandteil des in der Entwicklung befindlichen Klimaschutzkonzepts sein.

Weitere Investitionen fließen in die Infrastruktur der Gemeinde. Eine herausragende Position stellt dabei die Investition in Höhe von mehr als 1,89 Mio. Euro für unser Schulen dar.

Insgesamt unterstützen wir als SPD-Fraktion alle Maßnahmen, die zur Förderung der Kinder und Jugendlichen im Bereich Bildung und Betreuung eingeplant sind.

Trotzdem werden wir uns in naher Zukunft ganz sicher mit weiteren Anstrengungen zum Betreuungs- und Bildungsangebot befassen müssen. Das hat auch der Schulentwicklungsplan für Borchen ergeben. Der kommende Rechtsanspruch auf die schulische Ganztagsbetreuung und die damit in Verbindung stehende bauliche Situation an einigen Schulstandorten lassen hier keinen Handlungsspielraum.

Der uns im Schulausschuss vorgestellte „Schulentwicklungsplan“ hat deutlich gezeigt, dass in diesem Bereich in den kommenden Jahren große finanzielle Herausforderungen auf uns zukommen.

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat der angespannten Haushaltslage Rechnung getragen, was durch die moderaten Auswirkungen der durch die SPD gestellten Anträge auf den gemeindlichen Haushalt dokumentiert wird.

Wir haben uns von den Überlegungen leiten lassen, wie die Einnahmesituation und Finanzierung für Maßnahmen und Projekte im Gemeindegebiet verbessert werden können. Zunehmend, ja fast schon ausufernd ist die von Land, Bund und Europa gehandhabte Praxis der Finanzierung durch Fördermittel. Diesen Förderdschungel wollen wir durch Etablierung einer Förderprogramm-Managerin oder eines Förderprogramm-Managers in interkommunaler Zusammenarbeit begegnen. Wir sind davon überzeugt, dass die hier zu investierenden Summen sich um ein Vielfaches an Fördereinnahmen für die gemeindlichen Projekte rechnen werden.

Unser Antrag zur Unterstützung der Eltern von Neugeborenen und Kleinkindern bei der Anschaffung von Stoffwindeln mit einem Betrag von 150 Euro pro Kind zu unterstützen, findet offensichtlich nun auch die Zustimmung der anderen Fraktionen hier im Rat. Damit hoffen wir einen Anstoß zur bewussten Abfallvermeidung und zum zurückhaltenden Umgang mit den endlichen Ressourcen unserer Erde bei den jungen Eltern hervorzurufen.

Die intensive Unterstützung des Ehrenamtes und des Vereinswesens ist eine sinnvolle Investition in die Zukunft unserer Gemeinde. Gerade dieses macht Borchen aus, gerade dieses macht Borchen so lebenswert. Wir stehen zu den beschlossenen Maßnahmen, die das Ehrenamt unterstützen.

Herr Bürgermeister, Herr Kämmerer Klare, die SPD-Fraktion wird dem Haushaltsplan in Gänze zustimmen. Den Stellenplan der Gemeinde schließen wir in unseren Beschluss mit ein.

Damit übernehmen wir als SPD-Fraktion Verantwortung für eine gute Zukunft Borchens!  Es wird nicht einfach sein, da wir von vielen von uns hier in Borchen nicht beeinflussbaren Faktoren abhängen – doch mit gemeinsam gut überlegten und getroffenen Beschlüssen werden wir alles versuchen, um Borchen weiterhin auf einen guten, zukunftsweisenden Weg zu halten.

Ich danke ihnen für ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

Für die SPD-Fraktion,

Herbert Berger Fraktionsvorsitzender